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Blog | Was tun bei einem Bandscheibenvorfall?

„Jetzt verändert sich mein ganzes Leben!”

Ja, diesen Satz habe ich als Physiotherapeut schon von vielen Menschen gehört. Und genau deshalb schreibe ich diesen Artikel. Ich schreibe ihn für Menschen, die gerade einen Bandscheibenvorfall haben und nicht wissen, wie es weitergehen soll. Also: Was tun bei einem Bandscheibenvorfall?

Der Bandscheibenvorfall (BSV) ist in unserer Gesellschaft sehr negativ belegt. Warum? Na weil es fast nur negative Informationen zu diesem Thema gibt.

Ich habe mal versucht positive Nachrichten, Zahlen und Fakten zum Thema Rückenschmerzen zu recherchieren. Nach 45 Minuten an der bekanntesten Suchmaschine habe ich „aufgegoogelt”.

Da gibt es einfach keine im Netz. Obwohl der Bandscheibenvorfall keine schlechte Prognose hat – vor allem, wenn Du nicht die üblichen Fehler begehst. Aber dazu kommen wir später noch.

Pauls Geschichte

Hallo Paul! Paul wird jetzt mal unsere Versuchsperson für ein Beispiel sein. An Paul zeige ich Dir den typischen Weg, den ich von tausenden Menschen in der Praxis gehört habe. Paul ist verheiratet, hat 2 Kinder und den klassischen PC-Arbeitsplatz als Ingenieur.

Es ist Winter – saukalt. Paul geht nach Feierabend noch kurz in den Supermarkt. Als er die Einkaufstüte in den Kofferraum hebt, passiert es: ein kurzer Stich im Rücken.

Am Abend fühlt sich der Rücken warm an. Sonst ein normaler Mittwoch-Abend. Mitten in der Nacht wacht er auf. Unerträgliche Schmerzen im Rücken und ein furchtbares Brennen im Bein.

Er geht zum Hausarzt, der ihn gleich zum Neurochirurgen überweist. Die Arzthelferin verschafft ihm einen schnellen Termin. Sonst warten Patienten ewig auf so einen Termin.

3 Tage später sitzt Paul beim Neurochirurgen. Er veranlasst sofort ein MRT. Und dann das Ergebnis. Ein sehr ordentlicher Bandscheibenvorfal in der Lendenwirbelsäule. Die Bilder sehen furchtbar aus. Was tun bei einem Bandscheibenvorfall? Der Arzt meint:

… und da drückt die Bandscheibe auf den Nerv, da müssen wir operieren!

Paul sieht das ein. Wenn das kaputte Gewebe nicht entfernt wird, dann wird er die Schmerzen und Beschwerden nie los. Er wartet noch 3 Wochen, ob es besser wird. In der 4. Woche hat er eine Operation und kommt für 3 Wochen zur Behandlung auf eine Reha. Auf der Reha kriegt er erzählt, was er alles nicht mehr darf. Er ist 4 Monate krank geschrieben. Er hat jetzt einen speziellen Stuhl und einen verstellbaren Schreibtisch. Aber vor allem hat er eins:

Angst vor einem erneuten Bandscheibenvorfall.

Deshalb hebt er seine kleine 3-jährige Tochter nicht mehr einfach so hoch. Nur, wenn er vorher fleißig die Bauchmuskeln anspannt. Er macht auch keine Fahrradtouren mehr. Er geht jetzt ins Fitnessstudio und kräftig seine tiefe Rücken- und Bauchmuskulatur. Schweres Heben ist ein absolutes No-Go. Er denkt täglich an seinen Rücken und das vergangene Ereignis.

Ja, stimmt: Sein ganzes Leben ist anders. Siehst Du, welche Folgen das alles haben kann?

Jetzt gehen wir die einzelnen Etappen und die schwersten Hürden beim Bandscheibenvorfall durch.

Diese Fehlter machst Du jetzt nicht mehr!

Also, das Anheben der schweren Tüte war kein Fehler. Sie war zwar der Auslöser, aber nicht die Ursache. Die Genetik zum Beispiel spielt hier eine wesentlich stärkere Rolle. Und eines ist sicher:

Unsere Bandscheiben brauchen Belastung (Druck und Zug), um gesund bleiben.

Ja, Du hörst richtig. Nicht Schonen, sondern Bewegung und Belastung hält die Bandscheibe gesund.

Gut, weiter geht es. Typischerweise kommen die Beschwerden mit einer Verzögerung von mehreren Stunden. Deshalb sind die Schmerzen in der Nacht aufgetreten.

Beim Bandscheibenvorfall entsteht eine Entzündungssuppe, die die Nerven reizt. Der gereizte Nerv macht jetzt seinen Job nicht mehr richtig und meldet Fehlinformationen an das Gehirn. Deshalb kommt es zu Kribbeln, Taubheit, Kraftverlust, Ameisenlaufen, Kältegefühlen usw.

Diese Symptome machen Angst, bilden sich aber in der Regel nach einigen Wochen zurück.

Bis zu 90 % der Bandscheibenvorfälle können durch eine konservative Therapie beherrscht werden.

Der Schritt zum Hausarzt war richtig. Dieser Arzt ist auch genau der richtige Ansprechpartner. Er kennt die klinischen Symptome eines Bandscheibenvorfalls. Er klärt, ob sogenannte „Red Flags” vorliegen. Dabei handelt es sich um ernstzunehmende Zeichen, die unmittelbar zum Handeln zwingen.

Bei Paul lagen diese Zeichen nicht vor. Anstatt ihn frühzeitig zum Neurochirurgen zu schicken, hätte der Hausarzt erst einmal Folgendes tun können:

  • Schmerzmedikamente verordnen (so wenig wie möglich, so kurz wie nötig)
  • Krankschreiben, solange es nötig ist
  • Beratung, um Ängste abzubauen
  • Wöchentlich einen Kontrolltermin
  • Heilmittelverordnung zur Krankengymnastik
  • Diese konservative Therapie für 6-8 Wochen verfolgen, vorher keine Vorstellung beim Neurochirurgen

Zum Neurochirurgen gehst Du nur, wenn es absolut zwingende Gründe für eine Operation gibt. Diese Gründe kennt Dein Hausarzt. Sonst gehst Du da nicht hin. Ganz einfach.

Das Problem mit der Bildgebung!

Das MRT wäre jetzt in diesem Fall nicht nötig gewesen. Es war einfach viel zur früh und es lagen auch keine „Red Flags” vor. Die richtige Zeit wäre frühestens nach 6 Wochen (besser später) gewesen. Natürlich sieht ein frühes Bild furchtbar aus. Natürlich kriegt man da Angst. Aber einige Zeit später, wenn Dein Körper Zeit zum Heilen hatte, sieht das schon anders aus. Und vor allem geht es Dir in der Regel auch schon besser.

Die Wissenschaft weiß schon lange, dass die Befunde der MRT-Untersuchung überbewertet werden und für die Prognose wenig relevant sind (Modic et al. 2005).

Bei zuerst starkem Befund werden bei zu frühen MRTs voreilige Entscheidungen getroffen. Diese führen zu mehr Operationen und unnötigen Spritzen-Therapien. Schau dir mal im Anhang die Studie dazu an.

Das größte Problem: „Angst”

Durch die Informationen auf der Reha, die furchtbaren Schmerzen, die Horrorgeschichten von anderen Patienten (auch Freunde und Arbeitskollegen) ist eine starke Unsicherheit entstanden. Hieraus entsteht Angst.

Wir wissen heute, dass Angst eine der wichtigsten Ursachen für die Entstehung von chronischen Schmerzen ist.

Ängste und Sorgen sind wesentlich daran beteiligt, wenn Menschen die Schmerzen nicht mehr loswerden.

Was hilft da am besten? Na? Die richtigen Informationen. Und nicht die der milliardenschweren Krankheitsindustrie. Diese Industrie ist der Gewinner und der Patient verliert.

Damit ist jetzt Schluss!

Also: Was tun bei einem Bandscheibenvorfall?

Wenn Du, Deine Familie oder Freunde einen Bandscheibenvorfall haben, dann

  1. gehst Du zum Hausarzt.
  2. gehst Du nur zu weiteren Ärzten und machst ein MRT, wenn es zwingende Gründe gibt oder die konservative Threrapie nach 6-8 Wochen nicht anschlägt.
  3. nimmst Du bei Bedarf schmerzlindernde Medikamente ein.
  4. wärmst Du exzessiv mit Wärmekissen usw. (Wärme > Durchblutung > Heilung).
  5. vertraust Du deinem Körper. Er ist schon an der Arbeit.
  6. rechnest Du mit 3-6 Monaten „Reparationszeit”. Abkürzungen gibt es nicht!
  7. lässt Du die Finger weg von Internetrecherchen und Selbsthilfegruppen.
  8. wird es Dir in den meisten Fällen ab der 6. Woche besser gehen.
  9. werden die Probleme von Woche zu Woche weniger.
  10. wirst Du wieder ein „normales” Leben führen.

Werde jetzt selbst aktiv!

Du willst noch mehr? In meiner Rückenrevolution erkläre ich in kurzen, leicht verständlichen Videos alles zum Thema Rückenschmerzen und Bandscheibenvorfall.
Außerdem zeige ich Dir Übungen, die Du ganz einfach allein machen kannst, um Deine Probleme selbst zu lösen.

Zu den Gratis-Videos

So! Das soll es gewesen sein. Im Anschluss findest Du noch weitere Informationen zu Studien, die ich hier angesprochen habe.

Wenn Dir der Artikel gefallen hat, dann hilf mit bei meiner Arbeit. Teile und like diesen Artikel, so oft Du magst.

Wir können vielen Menschen und Familien helfen, wenn wir ihnen die richtigen Informationen an die Hand geben.

Wenn Du mehr zu allgemeinen Rückenschmerzen wissen willst, dann schau gerne mal in meinen Artikel Was tun bei Rückenschmerzen? rein.

Ich bedanke mich für Deine Zeit.

Viele Grüsse
Sven Schneller

Hier ein par Informationen zu den besprochenen Inhalten:

Bandscheibendegeneration: Genetik vs. Mechanik
Welcher Einfluss ist stärker… die Zwillingsstudien von Battie (Englisch)

The Twin Spine Study: contributions to a changing view of disc degeneration.

1995 Volvo Award in clinical sciences. Determinants of lumbar disc degeneration. A study relating lifetime exposures and magnetic resonance imaging findings in identical twins.

Ein Artikel aus der anerkanntesten Fachzeitschrift zum Thema Rückenschmerzen. Thema: MRT Befunde.

THE SPINE JOURNAL (Englisch)

Variability in diagnostic error rates of 10 MRI centers performing lumbar spine MRI examinations on the same patient within a 3-week period.